Friesische

Mythen

Der Teufel und sein falsches Ebenbild

In Friesland saß ein kleiner Bauer neben einem großen, und der große ärgerte den kleinen zuweilen. Der wollte es ihm wiedervergelten und verkleidete sich als der Gottseibeiuns mit Kuhschwanz, Hörnern und einem humpelnden Fuß. So ging er einige Tage durch den mächtigen Hof, und der Nachbar, dem er es antun wollte, bekam es wirklich mit der Angst.

Nun merkte aber auch der echte Teufel, dass man ihn nachäffte. Gerade, als der kleine Bauer dem großen einmal wieder etwas Fürchterliches ansagte, kam der Böse und stellte sich vor seinem falschen Ebenbild auf. „Was bist du denn für einer?“ fragte er.
Der Verkleidete nahm allen Mut zusammen. „Gnä’ Herr Düvel“,
stotterte er, „ik bün ok ’n Spöök!“ („Ich bin auch ein Gespenst!“)
„Du erbärmlicher Kerl“, schrie der Teufel, „willst du mich zum Narren halten?“
„Dat wull ık ni, ik wull blots ok mal de Düvel sien!“ („Das wollte ich nicht, ich wollte nur auch einmal der Teufel sein!“)
Da warf der Böse den kleinen Bauer zum Tor hinaus. Mehr tat er ıhm
nicht an; er fand es im Grunde genommen nicht übel, wenn Leute anfingen, sich nach ihm zu kleiden.
Er machte sich indes beim Pastor des Dorfes wichtig und beklagte sich über die Bauern. Der Pastor war tapfer und antwortete über Gut und Ungut, aber er richtete nicht viel aus, der Gast hatte die bessere Übung im Disputieren. Schließlich setzte der geistliche Herr sich ans Harmonium, um nicht reden zu müssen, aber auch darin war der Gegner ihm über. Der eine spielte oben und der andere unten. Auf einmal hatte der Pastor einen guten Einfall. Er spielte: „Wer nur den lieben Gott lässt walten!“ Da konnte der Teufel nicht mitkommen und fuhr aus der Tür.

Quelle & © [Hans Friedrich Blunck, Nordseesagen, Loewes Verlag, Bayreuth 1982]