Friesische

Mythen

Ein Friese bleibt ohne Taufe

Die Friesen wie die Sachsen ehrten das Gastrecht über alles. Einmal, als der heilige Wilfried, von England kommend, mit seinem Schiff an der westfriesischen Küste scheiterte, wurde er von König Algild freundlich aufgenommen und durfte seinen Glauben verbreiten, wie er wollte. Danach sollte er nach Rom weiterreisen.

Es traf aber von Wilfrieds Feinden, den Franken, ein Brief an den König ein, er solle gegen einen Scheffel Goldes seinen Gast ausliefern. Da lud Algild zu einem Festmahl, ließ den Brief verlesen und warf ıhn vor aller Augen ins Feuer.

Harte Kämpfe tobten danach zwischen Franken und Friesen; Chlotar erlitt viele Niederlagen, bis er in der letzten Schlacht sıegte.

Algild ließ sich nicht taufen, aber er verlangte, dass die Anhänger der alten Götter und die Christen einander duldeten. Inzwischen waren nämlich die Dänen mit sechshundert Schiffen gelandet, und die Friesen, die ihr Heer nicht beisammenhalten konnten, wurden geschlagen. So wurden die Dänen Herren. Sie befahlen den Besiegten, Weidenruten um den Hals zu tragen. Aber nach einer Weile vertrieben die Friesen die Wikinger wieder.

Die Friesen wählten damals, anders als die Sachsen, die nur Richter und Herzöge duldeten, mehrmals Könige, weil sie rasch hier oder dort sein müssten. Der stärkste König der Friesen war Radbod. Auch er ließ die Glaubensboten des Heilands zu und war sogar bereit, selbst zur Taufe zu kommen. Als er schon einen Fuß im Taufbecken hatte, fragte er die Bischöfe Wulfram und Willibrord, wo die Seelen seiner Vorfahren seien, im Himmel oder in der Hölle. Darauf antwortete einer der Bischöfe: „Sie werden wohl in der Hölle sein, denn in der Bibel steht: ‚Wer nicht an mich glaubt, soll verdammt werden!‘“

Da wandelte sich Radbod: „Es ist mir lieber, mit meinen Vorfahren und Freunden in der Hölle zu weilen, als mit Christen, die ich nicht kenne, den Himmel zu teilen!“

Quelle & © [Hans Friedrich Blunck, Nordseesagen, Loewes Verlag, Bayreuth 1982]