Friesische

Mythen

Die Sage von Neßmersiel

Die Besiedlung der Küste wird allgemein in einem Zeitraum von tausend Jahren nach Beginn der christlichen Zeitrechnung verortet. Doch hat es wohl schon vor dieser Zeit Menschen gegeben, die in der Bucht zwischen Nesse und Dornum gewohnt haben.
Bereits 550 Jahre nach Christi Geburt, so erzählt es die Sage, kam es zu einem seltsamen Ereignis in diesem ostfriesischen Küsteneinschnitt.

Ein Pferdekarren erschien in der feuchten wie kalten Jahreszeit des Herbstes an einem Bootsanleger eines Fischers in der Wasserbucht zwischen Nesse und Dornum. Auf dem Karren saß ein großer Mann in schwarzer Kleidung mit einem großen Hut, der sein Gesicht damit verdeckte. Der Karren war mit vielen kleinen Behältern beladen, die einen Deckel hatten. Der Mann mietete sich ein Boot von einem Fischer. Er lud die kleinen Behälter auf das Boot. Ohne ein Wort zu sagen fuhr er dann bei ablaufendem Wasser in die Dunkelheit, am Ruder stehend, hinaus auf das Meer.

Im Morgengrauen kehrte das Boot im Frühnebel bei auflaufendem Wasser wieder zurück. Der Mann mit seinem großen Hut stand immer noch am Ruder und lenkte das Boot an den Anleger. Er übergab das Boot wortlos dem Fischer, zahlte und verschwand mit seinem Karren in unbekannte Richtung.

Im Jahr darauf, zur gleichen Zeit, erschien er wieder. Mietete ein Boot und fuhr mit den kleinen Behältern hinaus auf das Meer. Er kehrte dann immer wieder am nächsten Tag zurück. So ging es Jahr für Jahr bis sich ein Fischer traute, den Mann mit seinem großen Hut anzusprechen und zu fragen, was er wohl auf dem Meer mache und was er in den kleinen Behältern mit sich trage.

Dieser antwortete nur kurz: „Ich fahre mit den Seelen der Verstorbenen in’s Jenseits über das Meer. Nach getaner Arbeit kehre ich dann hierher zurück und gehe meiner Wege.“

Seit dieser Zeit nannten die Menschen diesen Ort Neßmer–Zill, was so viel wie „Ort wo die Seelen ins Jenseits fahren“ bedeuten soll. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den heutigen Ort Neßmersiel, wobei das alte Wort Zill für Seele steht und Siel für die Deichbaumaßnahmen aus der Zeit der Eindeichung im 17. Jhd.
Überliefert hat die Sage über Neßmer-Zill der Grieche Prokop. Sie wurde 1548 von Eggerk Benning erstmals schriftlich in einer Urkunde erwähnt und gilt seither als mögliche Grundlage des Ortsnamens Neßmersiel..   

Quelle & © [Frithjof Hagel, Dornum]

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